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Wissensmanagement

Wissen kann anhand der daraus abgeleiteten Entscheidungen und Handlungen beurteilt werden. Eine Abwertung erfährt es jedoch auch durch dessen mögliche Menge. So zitieren Davenport und Prusak einen Wissensmanager von Andersen Consulting: "Wir haben derart viel Wissen in unserem Knowledge Xchange Repository gespeichert (von Daten und Informationen ganz zu schweigen), daß unsere Berater kaum noch etwas damit anfangen können. Für viele von ihnen ist dieses Wissen nur noch Datenmaterial." Weitere Belege für die Notwendigkeit, Wissen zu managen, gehen aus einer Studie des IAO hervor. Darin geben 96% der befragten Unternehmen an, daß diese Thematik für sie wichtig ist. Der Anteil des Wissens an der Wertschöpfung beträgt in den meisten Unternehmen mehr als 50%, jedoch halten nur 20% die Nutzung des vorhandenen Wissens für gut.

Organisationen können nur bestehen, wenn in ihnen Kommunikation stattfindet. D.h., es muß ein Wissenstransfer stattfinden. In den meisten Fällen geschieht der Wissensaustausch unstrukturiert und spontan. Beispielsweise fragt der Kollege von nebenan, wo der Ordner mit den Daten vom letzten Jahr steht, oder wie man ein bestimmtes Problem gelöst hat, etc. Gerade diese Form des Wissenstransfers ist für eine Organisation überlebenswichtig. Der Begriff ‚Wissensmanagement‘ läßt nun darauf schließen, daß der Wissenstransfer in strukturierter Form abläuft. Doch zu den wesentlichen Elementen eines erfolgreichen Wissensmanagements gehört vor allen Dingen die Entwicklung von Strategien. Innerhalb dieser wiederum besonders die Strategien, die den spontanen Wissensaustausch fördern.

Informationsorientierte Unternehmen entwickeln sich zu Anbietern von Informationen. Beispielsweise erzielt IBM durch den Verkauf von Computer-Service-Leistungen mittlerweile mehr Gewinn, als durch den Verkauf von Computersystemen. Stewart schreibt über den Vorteil von Wissen: "Zu den wichtigsten Vorteilen von Information und Wissen zählt, daß sie Inventar ersetzen." Als Beispiel führt er den Vorteil von Warenwirtschaftssystemen an, welche genaue Zahlen über Bestände und Kundenbedürfnisse liefern und damit große Lagerbestände überflüssig machen.

Wissensmanagement hat die Aufgabe, infrastrukturelle und organisatorische Voraussetzungen für eine lernende Organisation zu schaffen, damit die organisationelle Wissensbasis genutzt, verändert und weiterentwickelt werden kann. Es ist jedoch nur sinnvoll, wenn es der Wertschöpfung des Unternehmens dient.

Schüppel beschreibt vier zu beachtende Dimensionen des Wissensmanagements (siehe Abbildung 4: Dimensionspaare des Wissensmanagements):

Frage nach den relevanten Wissensträgern (innere und äußere Wissenspotentiale)
Frage nach den relevanten Wissensinhalten (aktuelle und zukünftige Wissenspotentiale)
Frage nach der Kommunizierbarkeit des Wissens (explizites und implizites Wissen)
Frage nach der Reichhaltigkeit von Wissen (Erfahrungs- und Rationalitätswissen)

Diese geben den Organisationen einen Überblick über die relevanten Aspekte des Wissensmanagements.

  

 

 

Abbildung 4: Dimensionspaare des Wissensmanagements

 

Prämissen für den Einsatz von Wissensmanagement

Eine unabdingbare Voraussetzung für die effektive Nutzung von Wissensmanagement ist die Bereitschaft des Unternehmens die Konsequenzen zu tragen, die sich aus den Anforderungen an ein erfolgreiches Wissensmanagement ergeben. Diese setzen sich aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammen. Es ergeben sich kulturelle, organisatorische und informationstechnische Anforderungen, welche ein erfolgreiches Wissensmanagement erst möglich machen.

Wissen unterliegt ständiger Veränderungen. Daraus resultieren zahlreiche Aspekte, die für Wissensmanagement betrachtet werden müssen. Vor allem für Unternehmensberatungen ergeben sich besondere Anforderungen, da sie Wissen von und über ihre Klienten erhalten und evtl. zeitgleich Projekte mit Konkurrenten durchführen. Im Folgenden sollen einige Gesichtspunkte angesprochen werden, die für den Umgang mit Wissen Voraussetzung sind.

Wissen muß aktuell gehalten werden, um daraus Vorteile im Wettbewerb zu erlangen.
Dazu muß es ständig weiterentwickelt werden.
Veraltetes Wissen muß "vergessen" werden
Wissen muß für Wissenssuchende jederzeit verfügbar sein.
Wissen ist in der Regel sehr komplex und umfangreich.
Es besteht i.d.R. Unsicherheit darüber, ob das vorhandene Wissen ausreichend ist.
Es ist nicht einfach Wissen an andere Personen zu vermitteln
Wissen muß in der richtigen Situation angewendet werden
Nicht alles Wissen darf allen zugänglich sein. Beispielsweise Umsatzzahlen, Übernahmeinformationen und sonstige interne Geheimnisse
Wissen von und über Kunden muß vertraulich behandelt werden
Wissen über Personen unterliegt dem Datenschutz

Eine entscheidende Voraussetzung für Wissensmanagement ist die Suche nach Wissen im Unternehmen. Wenn man nicht weiß, wo sich das Wissen befindet, kann man es auch nicht nutzen. Steht die Quelle fest, muß eine Bewertung des Wissens im Hinblick auf seine Nützlichkeit und Bedeutung für die Organisation erfolgen. Darüber hinaus muß festgestellt werden, um welche Form von Wissen es sich handelt: es muß die Wissenstopologie bestimmt werden (z.B. implizites Wissen eines Experten, oder explizites, dokumentiertes Wissen).

 

Kulturelle Voraussetzungen

Wie gezeigt wurde, entsteht Wissen durch Kommunikation. Dies führt zu der Notwendigkeit und Herausforderung einer Unternehmenskultur, welche die aktive Kommunikation innerhalb der Organisation fördert. Eine wissensfreundliche Kultur zählt zu den wichtigsten Erfolgsbedingungen für Wissensmanagementprojekte. Dazu sind verschiedene Komponenten notwendig:

Positive Einstellung der Mitarbeiter zum Wissen
Fehlen von wissenshinderlichen Barrieren in der Unternehmenskultur
Stringenz von Wissensprojekt und Unternehmenskultur

"Die für den Wissenstransfer gewählten Methoden sollten mit der Unternehmenskultur (und der nationalen Kultur) vereinbar sein."

Es gilt, bestimmten Ansichten entgegenzuwirken. Beispielsweise müssen die kulturellen Voraussetzung geschaffen werden, damit Mitarbeiter die Bereitschaft entwickeln, aus Erfahrungen von Anderen zu lernen und deren Wissen für sich umzusetzen (entgegen dem: "Not-invented-here"-Syndrom). Es muß selbstverständlich sein, das Wissen anderer positiv zu bewerten.

Eine Unternehmenskultur muß zulassen, daß Mitarbeiter ihr vorhandenes Wissen offenlegen. Mehr noch: sie muß dieses Verhalten unterstützen. Eine der wichtigsten Herausforderungen des Wissensmanagements ist es, die Voraussetzungen für die Weitergabe von Wissen zu schaffen und der "Wissen ist Macht" – Strategie entgegen zu wirken.. Die wesentliche Voraussetzung dafür, daß Mitarbeiter einer Organisation bereit sind ihr Wissen zu teilen liegt in der Fähigkeit, den individuellen Arbeitsplatz mit Leben und Sinnhaftigkeit zu füllen. Mitarbeiter wollen sich mit dem identifizieren, was sie tun.

Die wichtigste Kulturform für Wissensmanagement in Organisationen ist die Kommunikationskultur. Im folgenden sollen nun einige Maßnahmen vorgestellt werden, welche zur Bildung einer Kommunikationskultur führen können.

Diversität

          Nonaka und Takeuchi nennen die Tatsache, daß Menschen mit unterschiedlichen Kenntnissen und Erfahrungen zusammenarbeiten, eine Grundvoraussetzung zur Wissensschaffung. Davenport und Prusak schreiben dazu: "Die Verschiedenartigkeit der Individuen hindert die Gruppe daran, in Routine-Problemlösungen zu verfallen. Da die Gruppe als solche keine vertrauten Lösungen kennt, müssen die Gruppenmitglieder gemeinsam neue Ideen erarbeiten oder ihre alten Ideen auf neuartige Weise kombinieren. Für eine solche Diversität unter den Mitarbeitern spricht, daß die unterschiedlichsten Talente und Hintergründe fokussiert werden können – was die Erfolgschancen erhöht. Dabei sollten Komplexität und Diversität der zur Bearbeitung eines Problems eingesetzten Kräfte der Komplexität und Diversität des anstehenden Problems entsprechen." Den Einsatz eines breiten Spektrums von Wissen ist vor allem bei innovativen und schlecht strukturierten Entscheidungssituationen notwendig.

          Unternehmensberatungen erreichen diese Vielfalt, indem sie multikulturelle Teams zusammenstellen, um Projekte durchzuführen. Dabei werden sowohl Mitarbeiter aus unterschiedlichen Kulturen als auch mit unterschiedlichen Ausbildungshintergründen zusammengebracht.

           

Vertrauen und Freiheit

          Vertrauensbildende Maßnahmen sollen dazu führen, daß Mitarbeiter ihr Wissen nicht als Machtposition ansehen, sondern dies als Gemeingut verstehen und es der Organisation zu Verfügung stellen. Besonders in Zeiten von Rezession und Entlassungen, in denen Mitarbeiter um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, ist es daher schwierig diese Maßnahmen einzuleiten. Gerade für Unternehmensberatungen ist es eine Herausforderung, in Kunden-Projekten das Vertrauen der Mitarbeiter bezüglich ihrer Arbeitsplätze zu stärken, da das (z.T. berechtigte) Vorurteil besteht, daß Beratungen nur in Organisationen sind, um Arbeitsplätze abzubauen. Aus diesem Grund ist an dieser Stelle die Unternehmensführung der zu beratenden Organisation gefragt, im Vorfeld des Beratungsprojekts eine entsprechende Vertrauenskultur zu schaffen.

          Davenport und Prusak nennen drei wichtige Wirkungsweisen von Vertrauen:

          1. Vertrauen muß sichtbar sein

          2. Vertrauen muß immer und überall gegeben sein

          3. Vertrauenswürdigkeit muß an der Spitze beginnen.

"Vertrauen ist nicht nur eine notwendige Voraussetzung für den Wissensaustausch, sondern kann auch Produkt desselben sein." Es gilt mikropolitische Spannungen in Organisationen zu vermeiden. Mitarbeitern muß Handlungsspielraum eingeräumt werden. Gerade für kreative Prozesse gilt es den Mitarbeitern Fehler zu erlauben.

Die vertrauensbildenden Maßnahmen, die erlaubten Freiheitsgrade und die Mitarbeiter mit unterschiedlichen Hintergründen schaffen eine ideale Basis für eine kreative Zusammenarbeit im Team. Im folgenden Kapitel wird die Rolle von Teamarbeit im Rahmen des Wissensmanagements beschrieben.

Teambildung

Eine wesentliche Voraussetzung für eine wissensschaffende Kultur ist es, Teamgeist zu schaffen. Menschen dürfen ihr Wissen nicht mehr als Machtfaktor ansehen, sondern müssen eingebettet im Team gemeinsam für eine Organisation zusammenarbeiten. Die Entwicklung in der Industrie hat sich zunehmend vom Taylorismus zur Teamarbeit gewandelt. Die Produkte heutiger Industriebetriebe und Dienstleistungsunternehmen enthalten immer mehr Wissen. Teams können autonom arbeiten und Entscheidungen werden nicht von Einzelnen getroffen. Sind Individuen Mitglied in mehreren Teams einer Organisation, wird dadurch die Kommunikationsstruktur erheblich verbessert und somit wiederum der Wissens- und Informationsfluß innerhalb der Organisation begünstigt. Teamarbeit schafft die Bereitschaft von Einzelnen zur Übernahme von Verantwortung. Sie wirkt dadurch motivationssteigernd.

 

Organisatorische Voraussetzungen

        Damit Wissensmanagement erfolgreich ist, müssen in Organisationen Funktionen und Kompetenzen zur Erfassung, Verteilung und Nutzung von Wissen bereitgestellt werden. Es reicht jedoch nicht aus, wenn sich nur eine einzelne Stabsgruppe mit diesem Thema auseinandersetzt. Wissensmanagement hat die größten Erfolgschancen, wenn es an jedem Arbeitsplatz praktiziert wird.

        Im Folgenden werden die Voraussetzungen an die Organisationsstruktur und die Prozeßorientierung im Rahmen eines Wissensmanagements dargestellt.

Organisationsstruktur

          Wird die Durchführung eines erfolgreichen Wissensmanagements angestrebt, ergeben sich daraus tiefgreifende Konsequenzen für die Organisationsstruktur. "Die sich im Wissensmanagement vollziehende Dynamik läßt traditionelle Organisationsstrukturen, wie Ein- und Mehrliniensystem, funktionale und divisionale Organisationsstruktur, Matrixorganisation usw. nicht als die geeigneten Organisationsstrukturen erscheinen." Das Modell der Matrixorganisation wird für unsere Kulturen als ungeeignet angesehen.

          Von Rehäuser / Krcmar wird als mögliche Organisationsform das teamorientierte Modell sich überlappender Gruppen und Netzwerkmodelle vorgeschlagen. Einen ähnliches Modell schlagen Nonaka und Takeuchi als Organisationsform für eine wissensschaffende Unternehmung vor: die Hypertextorganisation. Wie ein Hypertextdokument setzt sich diese aus miteinander verbundenen Schichten oder Kontexten zusammen. Diese sind Geschäftssystem, Projektteam und Wissensbasis. In der hierarchischen Geschäftssystemschicht werden Routinearbeiten ausgeführt, in der Projektteamschicht werden wissensschaffende Arbeiten wie z.B. die Entwicklung von Produkten ausgeführt und auf der Wissensbasisschicht wird das in den anderen Schichten erworbene Wissen neu klassifiziert und in neue Kontexte eingebunden. Diese Schicht muß nicht als tatsächliche organisatorische Einheit existieren. Diese Organisationsform ist zwar für klassisch-produzierende Unternehmen entwickelt worden, läßt sich aber durchaus auch als Konzept auf Beratungsunternehmen anwenden. Die bürokratische Struktur der Geschäftssystemschicht wird in Unternehmensberatungen in den Hierarchiestufen konstatiert, welche durch die Titel der Mitarbeiter ausgedrückt werden. In der Regel werden verschieden Stufen vom Junior Consultant bis zum Partner einer Unternehmensberatung durchlaufen. Die Titel sind je nach Beratung unterschiedlich, spielen jedoch für die Zusammenarbeit im Projekt keine wesentliche Rolle. Viele Beratungen sind in dieser Form strukturiert.

          Die Mitarbeiter, welche in der Geschäftssystemschicht in einer Hierarchiestufe eingebunden sind, finden sich, unabhängig von dieser, für die begrenzte Dauer eines Projekts in der Projektteamschicht zusammen. Wissen, welches in den Projekten entsteht, wird projektbegleitend und nach dessen Abschluß klassifiziert, in Kontexte gebracht und in die jeweilige Wissensbasis des Unternehmens eingebracht.

          Auch Unternehmensberatungen, die (noch) kein aktives Wissensmanagement betreiben sind in dieser Form organisiert, da Projekte in der Regel immer mit einem Projektbericht abgeschlossen werden. In diesem wird gewonnenes Wissen dokumentiert. Durch Wissensmanagement wird darüber hinaus Wissen generiert, welches weit über das in Projektberichten dokumentierte hinausgeht. Beispielsweise werden Erfahrungen im Umgang mit Betriebs- oder Personalräten expliziert, welche für kommende Projekte in einem ähnlichen Umfeld von entscheidender Bedeutung sein können.

          Die folgenden Stichworte werden als Voraussetzungen für erfolgreiches Wissensmanagement angesehen: Enthierarchisierung, Deregulierung, diagonale und organisationsübergreifende Arbeitsgruppen, Selbstorganisation, usw. Allen diesen Begriffen ist gemeinsam, daß sie für flache und dynamische Organisationsstrukturen sprechen.

Prozeßorientierung und Reengineering

        Geschäftsprozesse sind dokumentiertes Wissen. Geschäftsprozeßmodelle können als Basis für eine Wissensanalyse dienen. Ergebnisse einer Wissensanalyse, die auf Geschäftsprozeßmodellen basieren, können sein: zum Einen die Identifikation der Entstehungsorte des unternehmensrelevantem Wissen, zum Anderen aber auch die Identifikation der Mitarbeiter, durch die dieses Wissen erzeugen Die prozeßorientierte Sichtweise der Organisationen hat z.T. Auswirkungen auf die Organisationsstrukturen. Prozeßorientierte Organisationsstrukturen folgen den o.g. Anforderungen flacher dynamischer Strukturen. Die Metahper der Jazz-Combo, bei der jeder auch in seinem Bereich im Team improvisieren kann, beschreibt schön, welche Anforderungen an die Fähigkeiten der Organisationsmitglieder gestellt werden. Daraus resultieren Kreativität und Anpassungsfähigkeit, welche diese Organisationsform charakterisieren. Kreativität bezeichnet die Fähigkeit von Mitarbeitern, allein oder im Team, auf der Basis ihres Wissens in neuen und ungewohnten Beziehungsmustern zu denken und zu handeln.

        In den letzten Jahren sind in vielen Organisationen Reengineering-Maßnahmen mit dem Ziel durchgeführt worden, Arbeitsabläufe effizient zu gestalten und Tätigkeiten strikt an der Wertschöpfung der Unternehmen auszurichten. Im Zuge dieser Maßnahmen sind viele Stellen gestrichen worden, informelle Netzwerke geschwächt worden und "Wissensmakler" verschwunden, deren Aktivität als unwichtig für die Unternehmensabläufe angesehen wurden.

        Nonaka und Takeuchi verweisen auf die Schlüsselrolle des Mittelmanagements bei der Wissensschaffung. Dabei kritisieren sie die Entwicklung westlicher Organisationen, durch Reengineering und neue Organisationskonzepte, das mittlere Management aus den Hierarchien zu rationalisieren. Dabei übersehen sie, daß neuere Organisationskonzepte durchaus ein mittleres Management besitzen. Es werden lediglich die Hierarchiestufen abgeflacht, was durchaus im Sinne eines erfolgreichen Wissensmanagements ist. Sie schlagen ein Konzept des "Middle-up-down-Management" vor: "Die Geschäftsführung formuliert eine Vision, während das mittlere Management konkrete Konzepte entwickelt, welche die Mitarbeiter verstehen und umsetzen können."

        Die Ansätze des BPR und des Wissensmanagement stellen unterschiedliche Sichten auf die gleichen Geschäftsprozesse dar. Im Rahmen des Reengineerings werden vor allem gut strukturierte Prozesse betrachtet. Aber gerade Prozesse, die sehr wissensintensiv sind, weisen große Unstrukturiertheit und geringe Formalisierung auf. Wird Prozeß-Reengineering unter dem Gesichtspunkt des Wissensmanagements durchgeführt, liegt also der Fokus zum Teil auf anderen Prozessen. Wurde jedoch ein "klassisches" Reengineering-Projekt durchgeführt, bevor ein Wissensmanagement-Projekt folgen soll, können zahlreiche Modelle aus dem Reengineering für das Wissensmanagement verwendet werden. Teilweise müssen diese jedoch erweitert werden (Beispielsweise kann ein Organigramm als Ausgangspunkt bei der Erstellung einer Wissenslandkarte dienen).

        Worauf bei der Betrachtung von Modellen zur Abbildung von Organisationen (beispielsweise Organigrammen) zu achten ist, ist der Umstand, daß diese Modelle nur ein Abbild einer Struktur sind. Die Organisation als solches ist dynamisch und damit nicht abbildbar. Auch können so stark prägende Merkmale wie Kommunikationsstrukturen, Normen und Regeln sowie kulturelle Aspekte nicht vollständig in Modellen erfaßt werden. Wird diese Tatsache respektiert, so können Modelle eine nützliche Hilfe im Rahmen darstellen.

        "Die Erzeugung, Verteilung und Nutzbarmachung von Wissen ist ein unternehmensübergreifender Lern- und Organisationsprozeß, der (...) gemeinsam mit Parntern( Kunden, Lieferanten, Mitbewerbern, Netzwerkallianzen etc.) erfolgen muß. Damit ist Wissensmanagement ein in seinem unmittelbarsten Wesen strategischer Prozeß."

        Beim Reengineering findet eine Schwerpunktverlagerung von einem operativen Reengineering der Routineprozesse zu einem strategischen Reengineering der wissensintensiven Prozesse (Knowledge Process Redesign) statt. Bei Deloitte & Touche wird Wissensmanagement inzwischen als eigenständiger Prozeß betrachtet, dabei geht es nicht mehr nur um ein Reengineering wissensintensiver Prozesse. Es ist ein eigenständiger Prozeß entstanden, der Manage Knowledge genannt wird. Dies markiert bei Deloitte & Touche den Übergang vom Reengineering zum Wissensmanagement.

        Prozeßsichtweise hat die Organisationen (und Forschung) erst dafür sensibilisiert, Wissen als Produktionsfaktor anzusehen. In traditionell funktionsorientierten Organisationen wird Wissen nicht ausgetauscht, sondern in den einzelnen Funktionsbereichen gehortet.

        Schüppel stellt zur Einführung des Wissensmanagements vier Bausteine vor. Der erste befaßt sich mit der "systematischen Auseinandersetzung für dem für das eigene Geschäft charakteristischen Wissenselementen". Dabei werden die Wertschöpfungsaktivitäten, Geschäftsprozesse, Organisationsstrukturen, Produkte, Dienstleistungen, usw. hinsichtlich des damit in Verbindung stehenden Wissens analysiert und die bekannten Modelle wiederverwendet. So erhält man auch einen rudimentären Überblick über das vorhandene Kernwissen in der Organisation. Die weiteren Prozesse sind die Analyse der Lernprozesse, die Identifizierung der Wissens- und Lernbarrieren sowie die Gestaltung einer Konzeption des Wissensmanagements.

        Dies bedeutet also ein Reengineering, das selbst als Geschäftsprozeß betrachtet werden kann.

         

Informationstechnische Voraussetzungen

        Die Entwicklung der Informationstechnik bewegt sich zunehmend in Richtung der Inhalte. Wissen gewinnt fortlaufend an Bedeutung (Vgl. Abbildung 5: Zunehmende Bedeutung von Wissen). Zu Beginn des Informationszeitalters lag der Schwerpunkt der Entwicklung und Anwendung auf der Hardware. Im Laufe der Zeit wurden die Anwendungen der dominierende Faktor. Die Preise für Hardware hingegen, sind mit der zunehmenden Verbreitung konstant gefallen. Die Rechnerleistung hat in gleichem Maße zugenommen. Hardware wurde nur noch als Mittel zum Zweck gesehen. Im Gegenzug ist die Software immer komplexer und umfangreicher geworden. Doch auch hier beginnen allmählich die Preise zu sinken. Die Bedienung wird immer einfacher und die Qualität steigt. Mehr und mehr Anwender verlangen nach perfektionierter und anwenderfreundlicher Funktionalität. Damit werden die Inhalte der Anwendungen immer wichtiger, die Anwendung dient zunehmend nur noch als Rahmen für die Inhalte.

        Abbildung 5: Zunehmende Bedeutung von Wissen

        Die Informationstechnologie kann auf sich gestellt nur bei der Speicherung und Verteilung des expliziten Wissens unterstützend wirken.

        Durch die gestiegenen Anforderungen der Kunden von Unternehmensberatungen sind quantifizierbare Beratungsergebnisse gefragt, um sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern zu verschaffen. Dies hat einen steigenden Informationsbedarf zur Folge, welcher nur durch geeignete Informationssysteme gedeckt werden kann.

        Die Entwicklung der Informationstechnik in den letzten Jahren hat ein erfolgreiches Wissensmanagement erst ermöglicht. Intuitive Bedienung der Software, kostengünstige Rechnerleistung und Speicherkapazität, sowie starke Vernetzung, haben eine potentielle Infrastruktur für den Wissensaustausch gebildet. Somit auch wichtige Möglichkeiten für das Wissensmanagement eröffnet. Gerade im Bereich der Unternehmensberatung hat die Informationstechnologie den wirtschaftlichen Einsatz von bestimmten Beratungs-Instrumenten ermöglicht.

        Datenbanken haben aktives WM erst möglich gemacht. Bevor es Datenbanken gab (trotzdem und auch heute noch) wurde Wissen anhand Dokumenten in Ordnern abgelegt und verstaubte dort. Der komfortable Zugriff fehlte. Denn ein wesentliches Kriterium für die Nutzung von Wissensmanagementsystemen ist die Nutzbarkeit.

        Die Informationstechnologie unterstützt das Wissensmanagement bei der Wissensverteilung und Speicherung, es kann aber als solches nicht die Wissensnutzung oder Wissensschaffung fördern. Dazu muß ein entsprechender kultureller- und organisatorischer Rahmen geschaffen werden.

        Bei vielen Organisationen beginnen Aktivitäten im Bereich des Wissensmanagement mit technologischen Maßnahmen. Es werden Netzwerke installiert, ein Intranet aufgebaut oder Lotus Notes eingeführt. Wie bereits erläutert, ist eine technologische Infrastruktur notwendig um Wissensmanagement erfolgreich durchzuführen, es muß jedoch beachtet werden, daß es genauso unabdingbar ist, die beschriebenen kulturellen- und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen.

        "Sinkende Kosten für Informationen und die dazugehörende Technologie haben zu einer Veränderung des Wirtschaftens, Planens und Organisierens geführt."

        Für die erfolgreiche Nutzung der Informationstechnologie und den Umgang mit Wissen, müssen einige Regeln und Grenzen beachtet werden. Es muß beispielsweise bedacht werden, daß nicht versucht wird, dynamische Kommunikationsstrukturen in starre Datenstrukturen zu pressen, oder eine zu starke Fixierung auf das System erfolgt, ohne genügender Beachtung der inhaltlichen Aspekte.

        Die Informationstechnik "bietet eine Infrastruktur für den Austausch von Wissen und wissensrelevanten Informationen. Sie ermöglichen damit den Aufbau virtueller Wissensmärkte." und die asynchrone Zusammenarbeit von Mitarbeitern. D.h., Teams können bezüglich der Zeit unabhängig zusammenarbeiten. Diese zeitliche Überbrückung ist vor allem in international tätigen Organisationen ein wichtiger Faktor der Teamarbeit.

        "Generell gilt: Je reichhaltiger und impliziter ein Wissen ist, desto mehr sollten technologische Möglichkeiten genutzt werden, die den Mitarbeitern dieses Wissen unmittelbar weitergeben. Der Versuch einer Speicherung und Wiedergabe von implizitem Wissen als solchem mit technologischen Mitteln wäre weniger sinnvoll.(...) Ohne informationstechnologische Infrastruktur ist ein umfassender Wissenstransfer in großen globalen Unternehmen undenkbar, aber immer sind es die in der Unternehmenskultur gültigen Werte, Normen und Verhaltensweisen, die über Erfolg oder Mißerfolg beim Wissenstransfer entscheiden."

        Der wertvollste Beitrag der Informationstechnologie zum Wissensmanagement ist die Erhöhung der Reichweite und Geschwindigkeit beim Wissenstransfer. Sie ermöglicht, daß individuelles und kollektives Wissen ermittelt, strukturiert und dann weltweit von Organisationsmitgliedern und Kunden genutzt werden kann.

        Wissen läßt sich nur schwer strukturieren. Dabei spielt die Ausdrucksweise und Sprache des Individuums, welche die Strukturierung vornimmt, eine wesentliche Rolle. Um technologisch benutzerfreundliche Lösungen für Wissensmanagement anzubieten, sind komfortable Suchmechanismen notwendig. Um den Differenzen der Individuen innerhalb Ausdruck und Sprache Rechnung zu tragen, sollten diese über ein Thesaurus verfügen, welches sie in die Lage versetzt auch verwandte Begriffe aus Wissenbanken zu finden.

        Wenn Wissensdatenbanken nicht gewissenhaft gepflegt werden oder nicht gut strukturiert sind, wird das enthaltene Wissen für die Nutzer nur noch zu Datenmaterial.

        Wissensmanagement im instrumentellen Verständnis bedeutet, die Vernetzung von vorhandenem, die Generierung von neuem und die Dokumentation von Wissen aus der Umwelt in die Wissensspeicher Unternehmung Einzubringen. Die Informationstechnik soll bei der Unterstützung dieser Prozesse helfen.

        Im folgenden werden informationstechnische Werkzeuge zur Kommunikationsunterstützung vorgestellt. Dabei wird als Softwareprodukt Lotus Notes vorgestellt, da es in zahlreichen Unternehmensberatungen angewendet wird. Daran anschließend wird das Intranet als preiswerte, effektive und wohl auch populärste Alternative dazu vorgestellt. Zur Zeit sind die führenden Technologien zur Unterstützung des Wissensmanagements Lotus Notes sowie Intranet-basierte Web-Systeme.

Lotus Notes

          Lotus Notes gilt als eines der ersten praxistauglichen Groupware- Werkzeugen. Um einen möglichst intensiven Wissensaustausch zwischen den Mitgliedern einer Organisation zuzulassen, wird immer stärker Groupware eingesetzt. Dies ermöglicht die organisationsübergreifende Bearbeitung von Projekten unter einer einheitlichen Oberfläche und basiert auf einer gemeinsamen IT - Infrastruktur. Dazu werden Informationen und Daten -unabhängig von Raum und Zeit- allen Beteiligten zur Verfügung gestellt, welche dadurch in der Lage sind, simultan an einem Problem zu arbeiten und sich darüber auszutauschen.

          Für das Wissensmanagement liegt der entscheidende Aspekt der Groupwaretechnologie in der Möglichkeit, durch sie individuelle Arbeitsvorgänge in kollektive Lernprozesse zu transformieren. Synonym zu dem Begriff Groupware werden oft andere Begriffe verwendet, wobei sich vor allem "Computer Supported cooperative work" (CSCW), "workgroup computing" und "workflow automation" durchgesetzt haben. Groupware kann jedoch bei der Unterstützung des Wissensmanagement nur sinnvoll eingesetzt werden, wenn es in die Geschäftsprozesse der Organisation integriert wird.

          Die Projektorientierte Arbeit von Beratungsunternehmen mit wenig strukturierten Problemstellungen und Routinetätigkeiten erfordert effektive Informations- und Kommunikationswerkzeuge. Diese bieten Unterstützung bei der Suche, Aufbereitung, Speicherung und Kommunikation von Informationen.

          Mit Lotus Notes kann der Anwender Informationen und Wissen in zugriffstechnisch optimierter Form einstellen und abrufen. Dadurch wird ein einfaches Suchen und Finden gewährleistet. Der Kern von Lotus Notes ist ein System zur Verwaltung von Dokumentendatenbanken und einem leistungsfähigen Mailsystem. Die Datenbank enthält Dokumente (Benutzerdaten) und Verwaltungsinformationen zur Steuerung der Benutzerdaten. Die wichtigsten Elemente sind Masken (Formulare), welche die strukturierte Eingabe und Anzeige von Informationen erlauben. Auch ermöglicht Lotus Notes verschiedene Ansichten und Sortierweisen eines Dokuments, variabel nach unterschiedlichen Kriterien. Lotus Notes ist nicht nur ein Groupware – Werkzeug, sondern dient auch als Entwickungsplattform für kooperative Anwendungssoftware. Für Unternehmensberatungen beispielsweise Anwendungen für gemeinsame Informationsnutzung.

          Zahlreiche Unternehmensberatungen haben zu Beginn ihrer Wissensmanagementaktivitäten Lotus Notes als Plattform gewählt. Aus diesem Grund finden sich auch heute noch in den meisten Beratungsunternehmen Lotus Notes basierte Wissensdatenbanken. Diese sind jedoch in den meisten Fällen an Intranet und Internet angeschlossen und verbinden damit beide Systeme. Dadurch wird ein einfacher Zugriff auch auf ältere Wissensbestände gewährleistet. Viele Wissensbanken laufen unter Lotus Notes, oder sind Browser-gestützt.

          Weitere Softwarewerkzeuge zur Kommunikationsunterstützung sind beispielsweise Groupwise von Novell, Oracle Documents, sowie andere. Im Folgenden soll jedoch das Intranet als zukunftsträchtigstes Konzept vorgestellt werden. Es bietet ähnliche Vorzüge und Eigenschaften wie Lotus Notes, folgt jedoch den offenen Standards des Internet und entspricht daher noch mehr dem Vernetzungsgedanken.

Intranet

Ein Intranet ist ein firmeninternes Netzwerk, welches die Dienste und Techniken des Internet nutzt. Die Besonderheiten des Intranets sind offene Standards zur Informationsaufbereitung und –darstellung. Dadurch kann leicht das Internet als rießige Informations- und Wissensquelle an das Intranet angebunden werden, oder von überall auf der Welt über das Internet auf das firmeninterne Netz zugegriffen werden. Ein wesentlicher Vorzug dieser Technologie liegt in der Tatsache, daß sie die Informationen ihren Weg zum Ziel selbst suchen, und somit unabhängig von lokalen Verbindungen und festen Speicherplätzen sind.

Die wichtigsten Möglichkeiten dieser Technologie zur Förderung von Wissensmanagement werden im folgenden Erläutert:

Das Intranet ist allen Organisationsmitgliedern weltweit zugänglich und vernetzt diese. Es schützt die Anwender durch geregelte Übergänge (sogen. Firewalls/Gateways) gegenüber dem offenen Internet.
Die offenen Standards des Internet (z.B. HTML, JavaScript, Java, VRML) stehen intern zur Verfügung und werden an intern vorhandene Anwendungen angebunden.
Die Multimediafähigkeit ermöglicht die Nutzung aller gängigen Medienformen (z.B. Daten, Grafik, Sprache, Audio, Video).

Besonders hervorzuheben sind die sich durch die offenen Standards ergebenden Vorteile. Jeder, der über einen Browser verfügt und das entsprechende Paßwort kennt, kann auf die Wissensbasis der Organisation zugreifen. Dies ist besonders für Kunden wichtig, da sie meist über sehr heterogene IT-Infrastrukturen verfügen. Ein weiterer großer Vorteil ist, daß die Veröffentlichung von Inhalten zunehmend einfacher wird (Standardsoftware wie MS-Word bieten bereits die Möglichkeit Dokumente als HTML abzuspeichern und damit im Intranet / Internet zu veröffentlichen).

Die für das Wissensmanagement relevanten Dienste und Anwendungen werden in der folgenden Tabelle genannt und ihr jeweiliger Nutzen erläutert.

Dienste / Anwendungen

Nutzen für das Wissensmanagement

Email

Ermöglicht die einfache und schnelle Kommunikation sowie das versenden von Dokumenten und anderen Wissensträgern.

Newsgroups

Als elektronisches "schwarzes Brett" um beispielsweise eine Plattform für das betriebliche Vorschlagswesen zu bilden.

Videokonferenz

Videokonferenzen ermöglichen den Austausch von reichhaltigen und subtilen Bedeutungselementen menschlichen Wissens.

Chat

Als Diskussionsforum für aktuelle Themen.

Homepages

Können als Basis für Wissenslandkarten und Einstiegsseiten für bestimmte Themengebiete dienen.

Suchmaschinen / Agenten

Ermöglichen das Auffinden von Wissensinhalten und Wissensträgern.

Datenbanken

Zur Speicherung von explizitem Wissen

Computer Based Training (CBT) / Distance Learning

Bietet die Möglichkeit Weiterbildungsprogramme am Arbeitsplatz anzubieten.

Tabelle 2 : Wissensrelevante Internetdienste

Um die Möglichkeiten des Intranets voll ausschöpfen zu können, müssen die bereits beschriebenen kulturellen Voraussetzungen erfüllt sein. Informationstechnik an sich schafft weder Wissen, noch kann es dem Wissensaustausch dienen, sofern die Unternehmenskultur dies nicht fördert. Sie stellt letztlich nur das Leit- und Speichersystem für den Wissensaustausch bereit. Software kann nur so gut sein, wie sie in der Lage ist, den Anwender bei der Ausführung seiner Arbeit zu unterstützen.

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